Game Over. Continue? Yes!

Hinweis: Die Vorgeschichte zu diesem Blogartikel, der Investorensuche und wie ich zu Lukas Podolski kam, findet Ihr hier. Wie ich zu meinen ersten Spielkonzepten gekommen bin, kann dazu hier nachgelesen werden.

 

August 2010: Die erste eigene Firma. Das erste selbstentwicklte Spiel. Alles auf Anfang, und jetzt geht es richtig los: Wahnsinn!

Es war schon schwer genug so weit zu kommen, um mit der Entwicklung von meinem Fußballmanager-Spiel auf Facebook "CopaSocca" loslegen zu können. Aber wie schwer und hart die Selbständigkeit sein könnte, da hatte ich absolut keine Vorstellung von gehabt.

 

Ich hatte ein erstes Game Design Document geschrieben und mit einem Designer eine Art Direction und erste Mockups vorgelegt. Ich kann aber weder zeichnen noch über HTML hinaus programmieren, daher brauchte ich ein Team. Ich stand vor der Entscheidung Teammitglieder einzustellen, oder ein bestehendes Team zu beauftragen. Ich entschied mich für die zweite Option, da ich bei einem eingespielten Team den Vorteil gesehen hatte, dass man so viel schneller vorankommen würde.

 

Der Start der Entwicklung verlief gut. Wir arbeiteten gemeinsam mit dem neuen Team das Game Design aus und entwickelten einen Prototypen. Darüber hinaus betrieb ich die weitere Investorenakquise, denn es fehlten insbesondere noch Gelder fürs Marketing. Es startete insgesamt abenteuerlich, aber total spannend und voller begeisternder Euphorie!

Ein Einblick in einige der Screens und Assets vom Spiel
Ein Einblick in einige der Screens und Assets vom Spiel

Produktionsstopp und Neustart

Es kam dann aber leider zu (nicht durch uns verschuldeten) Komplikationen: die Entwicklung musste stoppen!

Das war ein großer Schock. Mir wurde zu dieser Zeit so ziemlich der Boden unter den Füßen weggerissen. Es gab noch soviel zu tun, Gelder waren mittelfristig endlich und es traten Umstände ein, die man wirklich als Most Worst Case Scenario beschreiben würde. Alles stand auf der Kippe und ich wusste zwischenzeitlich nicht, wie ich die Situation lösen könnte. Wenn das Spiel nicht fertig entwickelt werden würde, dann würde nicht nur meine eigene Planung komplett zerstört: ich hatte ja auch noch die Verantwortung gegenüber den Investoren. 

Diese Phase dauerte ca. 6-8 Wochen an. Innerhalb dieser Zeit war ich froh meinen Partner Bernd an meiner Seite zu haben. Wir entwickelten einen alternativen Plan, stimmten diesen mit den Investoren ab und mussten neue Partner zur Entwicklung finden.

 

Zum Glück fanden wir die auch. Ein neues Team für die technische Entwicklung wurde gewonnen, und auch Carsten Fichtelmann, Geschäftsführer von Daedalic Entertainment, unterstützte uns stark mit Kräften für Grafik- und Gamedesign. Damit die Abstimmungen mit dem neuen Team Hand in Hand liefen, bot Carsten mir freundlicherweise einen Platz in seinem Büro an. 

 

An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei dem Team von Daedalic Entertainment bedanken. Ich wurde freundlich und offen von den Leuten aufgenommen, und das obwohl ich mit CopaSocca deren laufenden Projektplanung beeinflusste, da sie dafür nun entsprechend Zeit zur Verfügung stellen mussten. Ich wurde ein großer Fan von dem Team von Daedalic, es arbeiten dort sehr viele sehr talentierte Menschen.

 

Die Zeit bei Daedalic tat gut. Ich war mental angeschlagen von den Komplikationen, den dadurch entstandenen Verzögerungen und dem nochmals immens gestiegenen Druck mit dem verbliebenen Geldern auszukommen, und durch ein erfolgreiches Spiel alle ausgegebenen Gelder wieder reinzuholen. Auch wenn mich keine Schuld an den vorigen Komplikationen traf, habe ich mich als Producer und Geschäftsführer ggü. den Investoren natürlich in der Verantwortung gesehen, und mir das ganze sehr zu Herzen genommen. Ich musste dieses Spiel fertig auf die Straße bringen und es musste ein Erfolg werden! Für mich ging es hier um Alles!

Die große Suche nach Vermarktungspartnern 

Wir hatten zwar die Mittel, um das Spiel fertigzustellen und auch einen großen Teil von Lukas Podolskis Gage. Aber es reichte eben noch nicht vollends aus, und für weitere Marketingmaßnahmen zur Veröffentlichung gab es vorerst kein Budget.

 

Daher brauchten wir einen weiteren Partner für die Vermarktung des Spiels. Ich ging auf Messen, Veranstaltungen und zu persönlichen Terminen auf große Akquisetour. Ich präsentierte die Spielidee, dessen Positionierung und auch unseren Deal mit Lukas Podolski. Ich präsentierte vor großen Verlagen mit Digitalausrichtung und Onlinegames-Publishern. Es war Anfang 2011 und wir hatten ein Spiel für Facebook. Für einige war das noch zu früh: Sie waren skeptisch ggü. Social Games und Facebook, und wollten meistens erst noch etwas abwarten wie sich dieser Markt entwickelt. Es gab auch durchaus Fragen zu unserer Spielmechanik, aber das konnte ich gut erklären, hatte aber noch nichts spielbares dabei. Man wünschte mir viel Glück und sprach Mut zu, da man ja mit einem Fußballspiel grundsätzlich wohl erfolgreich sein müsste.

Ich bin durch meine Agenturvergangeheit relativ Präsentationserfahren, so hatte ich den Druck und meine Aufregung gut im Griff und konnte ganz 'locker' präsentieren...sobald ich aber aus diesen Terminen draußen war, hatte ich die volle Anspannung in mir gespürt, und die Enttäuschung nicht gleich die von mir so stark ersehnte Zusage zu erhalten. 

Wachsender Druck

Wir machten mit der Entwicklung durchaus Fortschitte, aber: Je näher wir der Fertigstellung des Spiels kamen, je weniger Geld noch verblieb und je mehr Absagen oder Vertröstungen ich von möglichen Vermarktungspartnern erhielt, desto größer wurde der Druck für mich. Ich musste es schaffen! Ich wollte mir das aber auf gar keinen Fall anmerken lassen, es hätte ja auch eher noch mehr Druck erzeugt. Gegenüber Teammitgliedern musste ich Zuversicht und Motivation vermitteln, zukünftigen Partner musste ich genauso euphorisch wie ich es ja auch eigentlich gesehen hatte die Chancen darstellen, und zuhause bei meiner Familie wollte ich diesen Druck schon gar nicht rauslassen.

 

Ich hatte überhaupt keine Gelegenheit mir mal Luft zu verschaffen. Es blieben am Tag aber nur die Fahrtzeiten, zu denen ich für mich alleine im Auto war. Abends traf es mich am stärksten: Ich fragte mich selber, wie ich das denn bloß schaffen möchte. Wieso ich nicht erfolgreicher war. Wie ich uns alle bloß in so eine Situation bringen konnte. Lauter Fragen bei denen ich mich selber verantwortlich machte. Ich hatte keine Antworten, ich fühlte mich ganz unten. Und ich war teilweise einfach verzweifelt und habe Optionen gesucht.

 

Das einzige was mir wirklich half war Xavier Naidoo! Es gibt einige Songs von Xavier, die einem Mut zusprechen und das brauchte ich für mich selber. Diesen Song habe ich quasi jeden Abend mehrfach gehört:

Morgens ging es besser. Ich bin ja eigentlich auch sehr optimistisch und gebe nicht so einfach auf. Und am Morgen konnte ich noch die tolle Energie meiner wundervollen kleinen Familie mitnehmen. Nachdem ich meine Kinder in den Kindergarten gebracht hatte, hatte ich schon wieder viele Ideen, die ich umzusetzen versuchte. Einen Vermarktungspartner habe ich dennoch nicht finden können. Und die Veröffentlichung nahte, und mit Ihr auch die weitere Gage vom Podolski-Deal, den wir unbedingt brauchten. Wir mussten daher weitere Darlehen aufnehmen und noch weiter ins Risiko gehen, es gab keine andere Option. Hätten wir das nicht gemacht, wäre die bisherige Investition direkt gefährdet gewesen. Dann mussten wir es eben alleine schaffen...

Die Veröffentlichung

4 Monate nach dem Neustart war es mit dem neuen Team tatsächlich geschafft worden: CopaSocca wurde veröffentlicht!

Ein unglaublich aufregender Moment. Es war alles andere als einfach bis hierhin zu gelangen, aber es war geschafft. 

Wir hatten auch gleich eine tolle Community gefunden, ich trat mit einigen Spielern in direkten Kontakt, um von Ihren Spielerfahrungen lernen zu können. Unser Spiel hatte ein echtes dynamisches Ligensystem. Jede Saison ging eine Woche in der die Spieler um Auf- oder Abstieg kämpften. Einige stellten sich dazu auch Nachts den Wecker, um weiterspielen zu können. Ein Wahnsinn!

Wir brauchten Pressemeldungen. Wir hatten ja zwar Lukas Podolski, aber den hob ich mir für eine spätere Phase auf, da ich erst einmal eine Welle User und Erfahrungsberichte abwarten wollte, damit wir grobe Schnitzer aus dem Spiel rausschneiden konnten. Natürlich gab es auch welche, die wir dann gleich erkannt hatten. Wir konnten nicht alles ändern, was uns störte, aber eben ein paar 'Showstopper'. Für die PR hatte ich mir einen Verteiler angelegt, und Daedalic hatte ebenso ausgeholfen. Wir hatten so einige Meldungen generieren können.

Lukas Podolski! *clap clap clapclapclapclap*

So! Und dann legten wir los. BAM! Lukas Podolski is in the house. Wir hatten einen Nationalspieler als Testimonial. Ganz großes Kino. Ich war sehr stolz, dass wir diesen Deal tatsächlich final eintüten konnten. Als dieser dann das erste Posting an seine 500.000 Facebook-Fans absetzte, war ich megastolz.

Mit der Panini-Zeitschrit "Just Kick it!" starteten wir eine tolle Promotion-Aktion (Danke sehr, Michael!).

Wir verfügten über von adidas gesponsertes Merchandising, das Lukas Podolski signierte. Wir hatten so gutes Arsenal für Verlosungen.

War mir leider zu groß!
War mir leider zu groß!

Wir starteten den großen Facebook Fan-Contest und richteten ihn an Lukas Podolskis Publikum: Du und Lukas Podolski in einem Team.

 

Die Fans sollten Beiträge veröffentlichen und anhand von Fotos und Videos zeigen, warum sie in sein Team gehörten. Die Community entscheidet per Voting, wer den Contest gewinnen wird. Ein Klassiker als Maßnahme, die leider nur mäßig angenommen wurde. Das Ergebnis konnte sich aber dennoch sehen lassen, denn wie es im Social Web passieren kann, so kamen auch bei uns lustige und nicht ganz ernstgemeinte Einreichungen: Darunter ein Hund! Genau, ein Vierbeiner. Tja, und was soll ich sagen, der kam dann unter die letzten 3 und somit in das Team von Lukas:

Weiterentwicklungen und die weitere Vermarktung

Seit der Veröffentlichung waren nun schon ein paar Monate verstrichen und neben unseren Kommunikationsmaßnahmen haben wir trotz wenig Restbudget das Spiel weiterentwickelt und neben den Live-Ligen vor allem um einen Turniermodus erweitert, den Cup de Copa. 

Zur Vermarktung suchten wir immer wieder nach neuen Partner. Wir brauchten einfach mehr User, denn Free 2 Play bedarf einer großen Userbasis, damit man mit der Monetarisierung tatsächlich Geld verdienen kann. Nur bis zu 3% aller User zahlen tatsächlich für Spielinhalte und das merkten wir entsprechend deutlich: es kam tatsächlich Geld in die Kasse, aber bei weitem nix womit man das Spiel weiter betreiben kann, es rechnete sich leider nicht.

 

Um User zu gewinnen nutzen wir neben der Lukas Podolski Promotion noch Cross-Promotion-Banner, und akquirierten über Facebook-Anzeigen User. Wir konnten auch einige Portale wie z.B. Sport1Games.de zur User-Akquisition gewinnen. Aber das Spiel wollte einfach nicht abheben...

Nominiert für den Deutschen Entwicklerpreis

Im Herbst gab es eine schöne Nachricht: CopaSocca wurde für den Preis des besten 'Social Games' beim Deutschen Entwicklerpreis nominiert. Wir traten somit gegen Wooga, Bigpoint und Socialspiel an.

 

Wir haben den Preis nicht gewinnen können, aber es war eine tolle Erfahrung und auch eine Ehre mit dem ersten Spiel nominiert zu sein. Die Show war großartig und es war einfach nur klasse, den Firmennamen und den Spieltrailer auf der großen Leinwand auf der Veranstaltung zu sehen. Ein toller Moment!

Da...in der Mitte: CopaSocca!!!
Da...in der Mitte: CopaSocca!!!

Reboot in San Francisco

Das Jahresende kam und es gab keine großen Fortschritte. Das Spiel wuchs ganz leicht an Usern an, konnte sie aber nicht ausreichen halten. Wir hatten einfach zuwenig Spieler und nahmen kaum was ein. Was tun? In Deutschland hatten wir keine Optionen mehr gesehen.

 

Also entschieden wir uns nochmals in die Vollen zu gehen: Jedes Jahr findet in San Francisco die Game Developers Conference und auch die Game Connection statt. Das Geld für die Reise habe ich mir wieder geliehen, denn ich hatte Hoffnung geschöpft dass es dort Lichtschimmer geben könnte. Ich buchte einen Flug und suchte mir ein sehr günstiges Hotelzimmer. Das fand ich dann auch im Stadtviertel Tenderloin. Tenderloin ist sehr zentral, perfekt also um von dort aus alles erreichen zu können. Ein kurzer Check auf Google Street View zur Lage, nur um sich schonmal auf die Umgebung freuen zu können…tja, und dann? Links ein Pornokino, rechts ein Sexshop, drüben ein Liquor Shop. Im Tenderloin-Wikipediaeintrag stand was von Gangs, Drogen und gefährlich. Ich habe die Buchung dann nochmal schnell an die Van Ness Avenue verlegt, von dort aus kann man fußläufig die Bay Area erreichen und dann gleichzeitig auf die Golden Gate Bridge und Alcatraz schauen. San Francisco ist eine echt sehenswerte Stadt.

Die von beiden passendere Veranstaltung war die Game Connection. Hier geht es ums Kaufen & Verkaufen. Dazu nutzt man Speeddatings, die maximal 30 Minuten lang sind. Als ich dort ankam musste ich erst einmal warm werden mit dieser kalten Gesprächsakquise. Zu zögern war aber falsch, ich hatte daher nicht nur die vereinbarten Termine genutzt, sondern auch in passenden Situationen einfach alle Personen angesprochen, die ich mir schnappen konnte. Das ist auch ein gutes Mittel in der kurzen Zeit viele Kontakte zu knüpfen, und dafür war ich ja da. 3 Tage lang sieht man von San Francisco quasi nicht mehr als das hier:

"Are you my meeting?"
"Are you my meeting?"

Die Termine waren interessant, ich präsentierte wieder und versuchte für CopaSocca einen Partner zu finden. Es gab ein paar Interessierte und wir machten Followup-Termine für den Zeitraum nach den Veranstaltungen. Ich hatte auch gelernt geduldig zu sein, nix klappt schnell. Lernt man Kontakte kennen, so dauert es nunmal einfach Monate bis sich nach weiteren Gesprächen etwas konkretes ergeben könnte, und sei es dann auch leider eine Absage. Ich hatte ja Zeit…nicht!

CopaSocca war nun schon über ein Jahr alt und der Look fühlte sich schon etwas veraltet und unpassend an. Darüber hinaus zeichnete sich Mobile als ein noch wichtiger werdender Kanal ab. Daher bereiteten wir für die Followuptermine einen moderneren Auftritt für CopaSocca vor. Das Grundkonzept von Copa funktionierte ja, aber Look & Feel und ein paar Details im Spiel benötigten definitiv Feinschliff, und so gaben wir dem Reboot einen neuen Namen: One Eleven! Ein dem Spielkonzept treubleibender Name, phonetisch passend und international verwendbar. Ich fand ihn echt gut: 

Mockup des Reboots
Mockup des Reboots

Die vielversprechendsten Followuptermine fanden persönlich in Deutschland und der Türkei statt, plus Telefonterminen mit Argentinien. Eines der Gespräche fand bei einem großen ‚Player‘ in Frankfurt statt, sehr nette Menschen und ich freue mich jedesmal diese auf Veranstaltungen wiederzutreffen, aber leider ergab sich keine Zusammenarbeit. Der Termin in der Türkei war in Istanbul. Ich hatte zum Glück kurz vorher eine Auftragsarbeit durchgeführt und konnte so die Reise und Unterkunft finanzieren. In die Türkei zu reisen war für mich sehr aufregend, denn ich war ewig nicht dort und hatte auch etwas Sorge einzureisen bzw. noch mehr Sorgen nicht mehr ausreisen zu dürfen: ich habe seit meiner Geburt zwei Pässe, den deutschen und den türkischen. Und ich bin in der Türkei noch Militärpflichtig, da die Türkei meinen in Deutschland geleisteten Ersatzdienst nicht anerkannt hatte. Ich reiste mit dem deutschen Pass ein, das klappte auch gut. Bei der Ausreise habe ich aber tierischen Schiss gehabt, dass auf dem Monitor des Grenzbeamten irgendein Hinweis erscheint (Festnehmen! - Fahnenflüchtiger, sofort erschießen! - Haare ab und zum Einsatz an die südöstliche Grenze!). Ich wurde auf türkisch angesprochen, ohje…ich stammelte gebrochenes türkisch zurück, wurde zum Glück angelächelt und glaube immer noch, dass ich mir vermutlich versehentlich einen Tee beim Grenzbeamten bestellt habe. Ich durfte aber durchgehen…puh!

Aus den Gesprächen ist leider gar nichts geworden. Es gab nicht immer eine Rückmeldung weshalb es nichts wurde, aber oftmals wurde ich einfach auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet, da jetzt irgendetwas anderes bei den jeweiligen Unternehmen gerade wichtiger war. 

Das war sie dann: die letzte Chance! Wir hatten wirklich alles probiert und mit Engelszungen gesprochen. Aber wir hatten einfach KEIN GLÜCK! Eine Absage nach der anderen, und CopaSoccas Userzahlen gingen langsam aber sicher nach unten.

Game Over: Die Liquidation

Es war nun Zeit sich an die Gesellschafter zu richten und um eine Entscheidung zu bitten. Das Konto der Gesellschaft habe ich sowieso schon lange mit nichts mehr belastet gehabt, und die Kosten anderweitig abgefangen damit wir nicht insolvent werden. Aber nun war schon durch die laufenden Gebühren (Kontoführung, Bundesanzeiger, Jahresabschluss) ein Ende in Sicht. Ein für mich sehr schweres Schreiben, welches ich da aufsetzen musste. Es ist hart davon schreiben zu müssen, dass es keine Optionen mehr gibt. Ich hatte Sorge vor dem Feedback der Gesellschafter. Ich bekam aber zum Glück weitestgehend Verständnis, man hatte den Einsatz gesehen und wusste ja auch, dass die Gelder ins Spiel geflossen waren. Nur einer schoss quer und drohte mir quasi. Er benahm sich dabei aber so daneben, dass er es mir einfacher gemacht hatte, seine eigene Art als sein Problem zu identifizieren.

Wir haben dann die Liquidation der Gesellschaften (PRG Social Sports UG & Co. KG sowie deren Tochter PRG Social Soccer GmbH) beschlossen. Ich ging zum Notar und leitete alles in die Wege. Eine Liquidation dauert jedoch 12 Monate an und beginnt mit einer Veröffentlichung dazu im Bundesanzeiger. Diese 12 Monate hat mich diese Last des Versagens bei CopaSocca regelmäßig gequält. Eine Niederlage einstecken kann ich durchaus, aber es fällt mir unheimlich schwer loszulassen und zu akzeptieren, dass der Kampf verloren ist. Ich gebe eigentlich nie wirklich auf, wenn ich auf Probleme stoße. Aber ich hatte keine Wahl, ich musste mich ergeben…

Im Juni diesen Jahres war es dann soweit, die 12 Monate waren um. Ich ging den letzten Gang zum Notar, um den Auszug aus dem Bundesanzeiger vorzulegen und die Löschung der Gesellschaften zu beantragen. Die Konten wurden final geschlossen. Der Bilanzabschluss wird nun als letztes gemacht. Die Unterlagen muss ich als Liquidator noch Jahre aufbewahren.

Ich habe bei diesem Projekt viele Erfahrungen machen müssen:

  • Games sind High Risk.
  • Glück ist eine große Komponente des Erfolgs.
  • Die Vermarktung ist kein einfaches Thema. Es ist sehr kapitalintensiv und über eine ansprechbare Reichweite zu verfügen ist Gold wert.
  • Viralität funktioniert durchaus, aber wenn man 30 User ‚geschenkt‘ haben möchte, dann muss man nunmal selber erst einmal 100 vorlegen.
  • Monetarisierung von Free2Play Games funktioniert, bedarf aber einer großen Vielzahl an Usern
  • Selbständig Geld verdienen ist sauschwer.
  • Man kann das alles schaffen, aber siehe hierzu vor allem Bulletpoint 2


Heute habe ich gelernt mit dieser schweren Niederlage umzugehen. Ich werde CopaSocca und die ganzen Erlebnisse aber sicher nie vergessen und werde mich da öfter dran erinnern. 2012 hatte ich bereits begonnen Auftragsarbeiten zum Geschäft der verbliebenen Pop Rocket Games UG hinzuzufügen und konnte mich damit 'am Leben' halten. Das Auftragsgeschäft läuft sehr gut, wir sind ja auch nunmal wirklich keine Anfänger. Wir arbeiten ab und an auch an eigenen Ideen, aber ich brauchte etwas Abstand von eigenen Projekten und deren Risiko.
Es geht weiter!

Schlaf gut Copa, Du wirst mir trotzdem fehlen! 

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Kommentare: 11
  • #1

    Oliver (Mittwoch, 02 Juli 2014 14:44)

    Hallo Tahsin!

    Danke für die ausführliche Berichterstattung, es war wirklich mitreißend zu lesen! Ich denke, diese Erfahrungen sind viel Wert und ich beneide dich darum. Obgleich es auch etwas abschreckt, selbst ein ähnlichen Weg einzuschlagen.

    Cheers

  • #2

    Tahsin (Mittwoch, 02 Juli 2014 15:44)

    Danke sehr für dein Feedback, Oliver! Ich würde jedem der mich fragt dazu raten den Schritt dennoch zu wagen, wenn er seine Chance sieht und den Mut dazu fassen kann. Ja, wir haben es nicht geschafft und es gibt viele, denen es genauso geht. Ich glaube aber weiterhin sehr stark daran, dass man es schaffen kann!

    Es gibt Dinge (Umwelteinflüsse wie z.B. Glück), die Du leider nur bedingt beeinflussen kannst und es ist sicherlich hilfreich solche Berichte über einen möglichen harten Weg zu lesen. Auch ich werde weitermachen und es mit der richtigen Idee für ein Spiel, Produkt oder zu einem anderen Geistesblitz erneut versuchen!

    Ich werde jedem der möchte auch gerne aus meinem Erfahrungsschatz oder auch Netzwerk Tipps und Hilfen zu seinem Startup anbieten!

  • #3

    Ich (Mittwoch, 02 Juli 2014 15:51)

    Hi!
    Sehr interessant, habs mir mal ausgedruckt und werde es heute abend in Ruhe lesen. Beim Lesen der ersten Absätze ist mir schon folgendes aufgefallen: Bei Produktionsstopp und Neustart schreibst Du von unverschuldeten Komplikationen und Worst Case. Wird das nachher noch erklärt? Direkt im Absatz fand ich nichts dazu, aber genau das würde mich interessieren. Aber vielleicht kommt das ja noch... Vielen Dank das Du Dir die Zeit genommen hast und es so genau aufgeschrieben hast! Bin schon gespannt wie ihr zu Prinz Poldi gekommen seid.... ;-)

  • #4

    Tahsin (Mittwoch, 02 Juli 2014 16:00)

    Hallo Ich! Da gehe ich bewusst nicht drauf ein. Es gibt Dinge, die passieren und sich leider nicht ändern lassen. Aber wie wir zu Podolski gekommen sind, kannst Du hier gerne nachlesen: http://imasupernow.jimdo.com/2013/11/02/business-plan-bitte/

    Viele Grüße!
    Tahsin

  • #5

    Ich (Donnerstag, 03 Juli 2014 08:34)

    Hi Tahsin,
    schade. Bei t3n.de/news/anfuehlt-startup-scheitert-554869/ wurde ja auch ein paar Fallstricke genannt (fehlendes Visum, Finanzierung, Team haut ab etc.). Genau das sind die Dinge die man sonst nicht zu lesen bekommt weil die meisten Berichte ja positiv sind und solche Sachen nicht auftauchen. Aber Du wirst natürlich Deine Gründe haben die ich natürlich respektiere. Also vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht, ohne Wenn und Aber!

  • #6

    Turan (Freitag, 04 Juli 2014 00:10)

    Ich hätte gerne mit Dir und dem Grenzbeamten, einen Tee getrunken :)
    Interessante Einblicke in die Entwicklerwelt...ich kann mitfühlen, habe ähnliche Erlebnisse gehabt...so hat Jeder von uns seine sogenannten Babies gehabt und ich muss gestehen, dass der Erfolg oder Misserfolg von Projekten keine positiven oder negativen Einflüsse auf meine Erinnerungen hatte.
    Ich wünsch Dir viel Erfolg für die Zukunft...Pepe Rulez ;)

  • #7

    Tahsin (Freitag, 04 Juli 2014 09:47)

    Danke, Turan. Pepe rulez - Madre dos dios! ;-)

  • #8

    Adi (Samstag, 04 Oktober 2014 23:21)

    Hallo Tahsin

    mein vollen Respekt vor deiner Leistung ,Chapeau!

  • #9

    Tahsin (Montag, 06 Oktober 2014 09:32)

    Dankeschön, Adi!

  • #10

    Refas (Sonntag, 17 Mai 2015 11:33)

    Ich finde es erstaunlich wieviel du geleistet&wieviel Druck&Verantwortung du ausgehalten bzw. getragen hast.
    Wäre es nicht hilfreich (sogar professionell) für Spieleentwickler sich coachen zu lassen. Ich kenn das aus anderen Arbeitsfeldern&kann es nur weiterempfehlen.

    Gibt es Erfahrungen im Umgang mit Coachings in deinem Umfeld (bei anderen Spieleentwickler_innen)?
    LG refas

  • #11

    Tahsin (Montag, 18 Mai 2015 23:14)

    Vielen Dank, Refas!

    Es gibt mittlerweile tatsächlich zwei deutsche Veteranen, die da ein spezielles Coaching anbieten: http://grumpyoldmen.de
    Das Angebot hätte ich gerne genutzt.

    Ich hatte tatsächlich ein internationales Team für einen 1-tägigen Workshop gebucht: http://icopartners.com Der Workshop hat tatsächlich etwas gebracht, aber eine kontinuierliche Coachingbegleitung wäre wirklich eine gute Option gewesen.