60 seconds - Reduce to the Max

Logodesign: Schlogger
Logodesign: Schlogger

Im Sommer 2013 wollte ich unbedingt beim Startup Weekend Hamburg mitmachen. Das Konzept klang einfach und spannend: Jede Menge motivierte Leute pitchen ihre Startup-Ideen, die besten Ideen werden dann gemeinsam in Teams von Freitag bis Sonntag Abend verfeinert, um sie dann vor einer Jury zu präsentieren. Aber ich hatte leider keine Zeit teilzunehmen, verfolgte somit das Geschehen nur über Twitter und Facebook.

 

Umso mehr freute ich mich als Nick Prühs mir im Oktober eine eMail mit der Frage sendete, ob ich nicht mal ne Pause vom GTA 5 spielen machen möchte, um Mentor/Coach beim ersten anstehenden Startup Weekend Hamburg Gaming zu werden. Kurz überlegen...GTA...Startup Weekend...Wer ist Nick nochmal? (<- kleines Schelz, lieber Nick)...Mentor... Ja... na klar! Ja und Ja, mache ich gerne! Cool, ich bin dabei! Perfekt, da wollte ich doch letztes Mal schon mitmachen, und nun auch noch mit Gaming als Ausrichtung: Perfekt!

Warum es sich lohnt mitzumachen

Bevor ich von meiner Rolle als Mentor und Juror berichte, möchte ich für den ungeduldigen Leser, mich selber eingeschlossen, betonen dass ein Startup Weekend sehr lohnenswert ist.

 

Jeder Teilnehmer hat zwar durchaus seine eigene Motivation daran teilzunehmen, doch zusammen haben sie die Gemeinsamkeit etwas schaffen zu wollen. In den 34 Stunden muss sich im Schnelldurchlauf präsentiert, zusammengefunden und zusammengearbeitet werden. Bis dann am Ende eine Präsentation gehalten wird, bei der sie alle die gleiche Aufregung teilen.

 

Der 'Spirit' ist sehr stark spürbar. Und daher lohnt es sich tatsächlich für alle, die etwas schaffen wollen, an so einem Event teilzunehmen, weil man mindestens folgendes erreichen kann:

  • Begeisterung, für das Feuer der Kreation
  • Teamwork, sich mit Unbekannten zusammenfinden und Arbeitsteilung erreichen
  • Zielgerichtetheit, auf eine wichtige Präsentation hinzu
  • Networking, das Teilnehmerfeld und die Organisation sind bunt gemischt

60-Sekunden Pitches

Der Start: Ein Freitag Abend im großzügigen Hamburger Bigpoint-Komplex. Der erste Tag dient dazu Ideen zu präsentieren, über diese abzustimmen und um sich dann in Teams zu formieren, die dann die Ideen ausarbeiten.

Ich wollte gerne von Anfang an dabei sein und mir auch anhören, wie der ursprüngliche Pitch zu den einzelnen Ideen war, bevor ich zur Coachingphase ein bereits vorangeschritteneres Werk sehe. Die Show startete und die beiden Organisatoren Christian Oeing und Nick Prühs begrüßten die Teilnehmer. 

 

Und schon ging's los, die Teilnehmer wurden aufgerufen ihre Ideen der Reihe nach zu pitchen. 12 Ideen standen an. Die Regeln zur Vorstellung: 

  • 60 Sekunden, auf die exakt geachtet wurde
  • Vortrag auf Englisch

60 Sekunden. Das ist extrem wenig Zeit! Wer seinen Pitch nicht auswendig gelernt hatte, der hatte kostbare Sekunden mit leichtem Rumgeeiere und der Suche nach den richtigen englischen Vokabeln verloren: "And then there is...äh...ähm...also there...äh...". Man kennt es ja von sich selber :-)

Pitchfire

Im Anschluss konnten die 'Pitcher' ihre Ideen dann nochmal auf Flipchart-Papiere schreiben und in einem Raum aushängen. Alle übrigen Teilnehmer hatten dann 3 'Post its', die sie zur Stimmabgabe auf die Charts kleben konnten.

 

So wurden am Ende 5 Pitches gekürt, zu denen sich dann am späten Abend noch die Teams formiert haben:

  • Train 'n Test
  • The Standoff
  • Groundplay
  • DIGO
  • Digital Board Games

 

Bei der Aufteilung der Teilnehmer auf die Teams, musste man darauf achten, dass jedes Team eine gute Aufteilung an Designern, Codern und Business Know How dabei hatte.

Brainstormings und erste Ausarbeitung

Samstag 14 Uhr, 7 Mentoren (Coaches) treffen ein:

  • Tahsin Avci, Pop Rocket Games: Product Management
  • Sirko Rückmann, Fishlabs: Game Design
  • Jan-Peter Ewert, Valve: Business Development
  • Stefan Wacker, Daedalic: 2D and 3D Art
  • Michael-Peter Wehsack, Taylor Wessing: Legal
  • Ludwig Ostrowski, Datastack: Business Intelligence
  • Tobias Schweeres, Exit Games: Networks, Multiplayer

 

Im Aufenthaltsraum hing ein Plan in den die Teams Uhrzeiten schreiben konnten, zu denen sie unseren Rat wünschten. Und es ging auch direkt los.

 

Meine Aufgabe war es die Teams im Bereich Product Management zu unterstützen. Also abzuklopfen, ob sie sich bei der markttechnischen Ausrichtung des Produkts die richtigen Gedanken gemacht haben. Ist die Essenz des Produkts gut, welche Vorteile hat das Produkt, für welche Zielgruppe eignet es sich, liegt das richtige Geschäfts-/Preismodell vor etc. pp. Sowas habe ich in meiner Werbeagentur-Zeit andauernd gemacht: Die Produktbeschreibungen der Unternehmen erhalten und mir mit meinen Kollegen überlegt, wie man diese optimieren kann, damit sich das Produkt gut vermarkten lässt.

Hard Work

Dazu hörte ich mir von jedem Team den Status Quo zur Idee dann reihum einmal an. Bei den meisten Teams merkte man, dass sie ihre Idee und die Ausführung zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau in Worte fassen konnten. Das merkte man insbesondere daran, dass sie Sätze mit Fragezeichen beendeten und sich umschauten, ob das denn nun auch so richtig sei. 

 

Der Rat an die Teams war in dieser Phase:

  • Aufhören in zu großen Gruppen immer noch und nur grobkörnig zu diskutieren;
  • Einen Schlussstrich zur Kernidee finden, diese einmal klar ausformulieren und niederschreiben;
  • Reduce to the Max, die Reduktion aufs Wesentliche, und nicht einen Blumenstrauß voller Möglichkeiten aufzeigen. Einen klaren Bedarf formulieren und für diesen eine gute Lösung präsentieren ("Ja und dann könnte man das auch für Freunde von Freunden von Lehrern nutzen, die könnten das vielleicht auch deswegen kaufen. Das wäre doch eine gute Idee? - Leider nein!"). Warum sollte jemand dafür Geld bezahlen wollen?
  • Die Zielgruppe zu definieren und das Produkt dahingehend zu überprüfen, ob die Produktentscheidungen überhaupt zur Zielgruppe passen können;
  • Das Team dann anhand der Fähigkeiten (Game Design, Business etc.) in kleinere Arbeitsgruppen aufteilen und dort die Feinheiten gut ausarbeiten;
  • In kurzen Zeitzyklen wieder zusammenkommen, abgleichen, optimieren und das Ganze wiederholen.

 

Die Teams hatten ja nur noch 24 Stunden Zeit bis zur finalen Präsentation. Um 18 Uhr haben wir sie dann erstmal wieder in Ruhe gelassen.

Key Facts

Finale Vorbereitungen

Sonntag, 13 Uhr: Die zweite Coachingphase brach an. Es waren noch 4 Stunden bis zur finalen Abschlusspräsentation vor der Jury. Jetzt musste der Feinschliff kommen.

 

Dieses Mal hing kein Plan an der Wand. Daher klapperte ich dann einfach ein Team nach dem anderen ab. Einige Teams wollten nun nicht mehr gestört werden, sie waren unter starkem Zeitdruck. Sie wollten die Präsentationen jetzt fertigstellen und am besten nicht nochmal hören, dass dieses oder jenes noch nicht ganz rund ist. Aber nützte ja nix...  

Finishing Touches

Und so störte ich einfach jede Gruppe und schnappte mir den, der auf die Frage antwortete, wer die Präsentation denn nun halten würde. Dann zückte ich mein Telefon, stellte einen Timer auf 60 Sekunden und bat darum mir in einer Minute zu erklären, was denn nun das Besondere an ihrer Idee sei. Das fiel den meisten immer noch extrem schwer. Und das aber gar nicht einmal, weil es nichts Besonderes gab. Im Gegenteil, sie konnten es nur immer noch nicht klar in Worte fassen und zum Ausdruck bringen, und manchmal kam dann wieder der Blumenstrauß an Möglichkeiten für die das Produkt in Frage kommen könnte. Die Übung hatte das Ziel, dass sie sich bewusst werden, ihren Aufbau der Präsentation nun perfektionieren zu müssen:

  • Worum geht's?
  • Wozu brauche ich das?
  • Was kann es, was die Konkurrenz nicht auch hat?
  • Und welche Argumente habe ich im Folgenden, um den Zuhörer vollends von meine Plan zu überzeugen?

Ich bat die Teilnehmer darum, dass sie sich überlegen wie sie den Zuhörer zu Beginn emotional von ihrer Idee überzeugen können. Sie müssen ihn auf ihre Reise mitnehmen. Er muss sehr schnell denken: Ja klar, total geil. Ok, erzählt mir bitte mehr.

Schlecht wäre es dagegen wenn er denken würde: Interactive Roleplaying Card Game mit 25 verschiedenen Kartensets optimiert für Tablets....soso.. ach warte mal, wann muss ich morgen eigentlich nochmal in die Kirche?...

 

Am Anfang muss Stimmung aufgebaut werden, und diese darf nicht von nichtssagenden Bullet Points und Nebensächlichkeiten gestört werden. Volle Konzentration auf das Wesentliche. Wenn ich die erste Minute gemeistert habe, dann hört man mir auch weiter zu. Und es sind nur 5 Minuten insgesamt, und auch die gehen schnell um. Daher ist es am besten, man lernt das was man sagen möchte auswendig, insbesondere wenn es in einer andere Sprache vorgetragen werden soll. Denn so ist man in der Lage, seine Rede auch mal gekonnt zu variieren, und auch mal auf Reaktionen eingehen zu können. 

 

Ich hatte keine Ahnung, ob sich die Teams mein Gesülze wirklich zu Herzen nehmen würden. Sie arbeiteten alle sehr hart und konzentriert daran, ihre Präsentationen fertigzustellen.

Showtime

Ich hatte neben meiner Mentoren-Rolle die wirklich große Ehre auch noch über die Sieger entscheiden zu dürfen, denn ich war einer der 3 Juroren. Neben mir befanden sich in der Jury: 

  • Sven Liebich, Creative Director von Bigpoint
  • Hendrik Klindworth, CEO & Founder von InnoGames
Unbenannt

Wir hatten einen Tisch ganz vorne vor den präsentierenden Teams erhalten. Dazu eine Checkliste mit Kriterien und etwas zu schreiben.

 

Und jetzt war Showtime. Die Spannung war sehr deutlich spürbar. Und auch ich war sehr aufgeregt, denn ich wollte mich jetzt ganz stark konzentrieren und sehr aktiv zuhören, mir gleichzeitig Notizen machen und für mich während der Präsentation die zu bewertenden Kriterien abklopfen. Gar nicht so einfach alles in den 5 Minuten hinzubekommen, man möchte sich ja eigentlich auch nur zurücklehnen und zuhören können. 

 

Nachdem die einzelnen Teams fünf Minuten lang präsentiert haben, konnten wir als Juroren reihum noch Fragen stellen. Vor allem sollten wir dabei den zu bewertenden Kriterienkatalog abklopfen, und so genau dafür sorgen dass wir jedes Team wirklich auch zu jedem Kriterium bewerten können.

 

Die Präsentationen waren sehr gut. Die Teams hatten sich wirklich alle Mühe gegeben uns von ihren Ideen zu überzeugen.

 

Doch nun mussten wir ran. Wir wurden gebeten uns zurückzuziehen und haben uns in einem Raum eingeschlossen. Zuerst haben wir einige Zeit über die Präsentationen diskutiert und gemerkt, dass es uns nicht so einfach fällt, eine klare Platzierung gemeinschaftlich zu definieren. Jeder Juror hatte eine gute Meinung zu den einzelnen Pitches. Zum Glück hatten wir ja aber auch ein klar vorgegebenes Bewertungsschema, welches uns half den einzelnen Teams in Teildisziplinen Noten zu verteilen. Diese Noten haben wir verglichen und so ein auf Fakten und Gedanken basierendes Modell zur Platzierung der Teilnehmer zu finden. 

 

Das war ein spannendes Gefühl. Zu wissen, wer gleich einen Preis erhalten wird. Man wollte es am liebsten sofort rausposaunen. Aber etwas Spannung gehört zur Showtime ja total dazu. Und so teilten wir uns auf und verkündeten jeder einen der 3 Gewinner. 

  • 1. Platz: Train 'n Test
  • 2. Platz: The Standoff
  • 3. Platz: Groundplay
  • Community Award (von allen Teilnehmern gewählt): The Standoff 

 

Second Place

Das war's! Abschließend möchte ich mich noch einmal bei Nick und Christian und all ihren Helfern für die Idee und die Organisation zum Event bedanken. Es hat sie sehr viel Arbeit gekostet und sie haben den Teilnehmern eine tolles Erlebnis mit vielen Learnings bereitet. 

 

Ich kann nur schwer hoffen, dass sie 2014 erneut ein Startup Weekend Gaming durchführen. Dieses Jahr haben wir neben der gamecity: Hamburg in einer kombinierten Hamburg Indie Alliance dieses Event mit gesponsert. Nächstes Jahr brauchen sie dafür sicherlich wieder Sponsoren, meldet Euch doch bei Interesse frühzeitig bei den Jungs! 

 

Danke, dass ich dabei sein konnte! Es hat sehr viel Spaß gemacht, und ich habe auch so einiges lernen können.

 

Den offiziellen Abschlussbericht vom Startup Weekend Hamburg Gaming 2013 findet Ihr hier.

Quelle der meisten Fotos in diesem Artikel: Startup Weekend Hamburg Gaming

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Kommentare: 1
  • #1

    Nick Prühs (Dienstag, 03 Dezember 2013 11:39)

    Schöner Artikel, Tahsin! Besser hätt ich es selbst nicht zusammenfassen können. Toll dass du da warst!